Raketenflugplatz-Berlin
Oberth kehrte nach diesem Fehlschlag frustriert in seine Heimat Rumänien zurück. Sein Helfer bei der UfA, Rudolf Nebel, organisierte einen Termin bei der Chemisch- Technischen Reichsanstalt. Dort wurde kontrolliert Oberths Raketentriebwerk “Kegeldüse” getestet und ein amtliches Gutachten ausgestellt. Berliner Raumfahrtenthusiasten erwarben darauf das Triebwerk und die UfA-Rakete und mieteten ein brachliegendes Militärgelände im Norden Berlins an. Dort, auf dem “Raketenflugplatz Berlin” wurde 1930 bis 1934 mit primitiven Mittel ein recht erfolgreiches privates Versuchsprogramm durchgeführt.
Raketen, Triebwerke und Flugkörper: Die Arbeiten des Raketenflugplatz Berlin Hermann Oberth war 1929 vom Regisseur Fritz Lang als Berater für seinen Weltraumfilm “Frau im Mond” nach Potsdam Babelsberg geholt worden. Oberth machte Lang die Idee schmackhaft, als Werbung für die Filmpremiere eine richtige Flüssigkeitsrakete zu starten und damit einen neuen Höhenweltrekord aufzustellen.    Oberth führte in den Filmwerkstätten der UfA erste systematische Versuche zu Verbrennung von Benzin und Flüssigsauerstoff durch. Doch die gebaute Rakete erwies sich als nicht flugfähig. Die Filmpremiere wurde Ende 1929 auch ohne Raketenstart ein großer Erfolg.
Zeitgenössische Zeichnung des Versuchsgeländes am Tegeler Weg in Berlin.
Impressum   -   Kontakt   -   Uwe W. Jack: über mich
Die Büro-Baracke auf dem Raketenflugplatz.
Die erste geflogene Rakete des Raketenflugplatz Berlin war die von Rudolf Nebel konzipierte Minimum-Rakete “Mirak”. Unter Einsatz von möglichst wenig Material und Treibstoff sollten erste Erfahrungen mit dem Start von Raketen erworben werden. Nach der Treibstoffkapazität wurde die Rakete auch “Ein-Liter-Rakete” genannt.
Rechts: Schnitt durch die Mirak. Die Kegeldüse von Oberth liegt zur Kühlung im Sauerstofftank. Der den Feuerwerksraketen nachempfundene lange Führungsstab diente als Benzintank.
Pressetermin auf dem Raketenflugplatz Ende 1930. Im Startgestell mit der Leiter steht die Mirak. Dahinter das von Oberth entworfene Startgestell mit der UfA-Rakete und einer Attrappe rechts.
Die Personen von links: Riedel, Nebel, Heinisch, Engel, verdeckt vermutlich von Braun und dann Beermüller.
Grundlagenforschung wurde zuerst mit Oberths Kegeldüse, dann mit selbst entworfenen Triebwerken durchgeführt. Ein besonderes Problem war die Kühlung der Triebwerke. Hier ist der Kühlmantel durchgebrannt.
Rechts: Klaus Riedel 1931 mit der von ihm entworfenen Mirak 2, auch “Repulsor” genannt. Die Rakete flog im Mai 1931 etwa 60 Meter hoch. Nachfolger schafften etwa 700 Meter Flughöhe.
Oberths Startgestell wurde zu einem Teststand für Triebwerke umfunktioniert. Die Steuerung der Zündung und der Treibstoffzuführ wurde über Seilzüge von einem nahen Gebäude aus durchgeführt.
Die erfolgreichste Rakete der Arbeitsgruppe am Tegeler Weg war der “Achsenstaber”. Wie alle Entwürfe des Raketenflugplatzes war die Rakete als Kopfbrenner ausgelegt. Das Triebwerk befand sich an der Spitze und zog die Rakete hinter sich her. Dies sollte auch ohne aktive Steuerung einen senkrechten Aufstieg gewährleisten.
Gruppenfpoto nach den erfolgreichen Tests des Oberth’schen Flammtopfes und der Spalt- und der Kegeldüse an der Chemisch-Technischen Reichsanstalt Berlin am 23. Juli 1930.    Von Links: Rudolf Nebel, Dr. Franz Ritter, Hans Beermüller, Kurt Heinisch, unbekannt, Hermann Oberth, Helmut Zoike, Klaus Riedel, Wernher von Braun, unbekannt.
Oberths Kegeldüse war das erste Triebwerk, welches auf dem Raketenflugplatz gezündet wurde.
Der Achsenstaber ereichte Flughöhen bis 1600 Meter und landet am Fallschirm. Rudolf Nebel sprach aber gegenüber dem Heereswaffenamt von Flughöhen bis 4000 Meter. Die zuverlässige Rakete konnte mehrfach verwendet werden.
Der Achsenstaber weckte die Aufmerksamkeit des Heeres- waffenamtes. Die Vorführung eines Achsenstabers vor Militärs in Kummersdorf schlug jedoch fehl und das Heer wollte die Kosten nicht übernehmen.    Der daraus entstehende Streit zwischen Rudolf Nebel und dem Heer brachte Wernher von Braun, der schlichten wollte, mit dem Heereswaffenamt ins Gespräch. Das Heer stellte ihn schließlich als Werkstudenten an.
Geschnittenes Triebwerks des Achsenstabers für 25 kp aus einem Filmbericht der damaligen Zeit.
Nach dem Achsenstaber machte man sich auf dem Raketenflugplatz daran, die Schubleistung auf das zehnfache zu steigern. Hier wird ein Triebwerk der Klasse 200 bis 250 kp getestet.
Die Anordnung des Teststandes mit den vier Tanks und dem Triebwerk wurde kurzerhand in eine flugfähige Version übernommen und flog dann 1933 als “Vierstaber”.
Die Stadt Magdeburg stellte dem Raketenflugplatz Geld zur Verfügung, um dort den ersten Start einer bemannten Rakete durchzuführen. Mit einem 750 bis 1000 kp- Triebwerk sollte eine Rakete 1000 Meter Höhe erreichen und der im unten im stromlinienförmigen Körper sitzende “Pilot” Kurt Heinisch sollte dann mit dem Fallschirm abspringen. Weder Triebwerk noch Rakete waren zum versprochenen Starttermin fertig.    Ein Vierstaber wurde so umgebaut, dass er der bemannten Rakete ähnelte und nach Magdeburg gebracht. Hier wurde den Geldgebern erzählt, man müsse vor Ort zuerst die Schwerkraftlinien testen. Der Start am 29.Juni 1933 schlug dann fehl.
Teile des Magdeburger Vierstabers wurden zu einer neuen Rakete umgebaut, die auf dem Schwielowsee nahe Berlins gestartet wurde. Die Rakete flog am 9. August 1933 nur wenige Meter hoch und konnte aus dem Wasser geborgen werden.    Bei einem erneuten Flug am 11. September 1933 erreichte sie 80 bis 100 Meter Höhe und versank dann im See.
Trotz vieler Fehlschläge bei den Flugversuchen ging die Entwicklung von Triebwerken in Berlin weiter. Hier zeigt Hans Beermüller ein Triebwerk welches 400 bis 600 kp leisten sollte.
Die Raketen vom Raketenflugplatz Berlin 1930 bis 1933
Die Triebwerke vom Raketenflugplatz Berlin 1930 bis 1933
LOX = Flüssigsauerstoff (Liquid Oxygen) Einige Triebwerke wurden auch mit der Kombination Alkohol-Wasser/LOX erprobt.
Zum Vergrößern klicken.   Die Zahlen geben die maximal erreichte Flughöhe in Metern an.
Rege Versuchstätigkeit in Berlin Mitarbeiter auf dem Raketenflugplatz Berlin war der junge Willy Ley (1906 - 1969), der sich selbst als Chronisten der Raketen- entwicklung sah. Er wanderte 1935 in die USA aus und wurde dort Autor bedeutender Raumfahrtbücher.    In “Rockets - The Future of Travel beyond the Atmosphere” von 1944 schildert er auch die Ereignisse auf dem Berliner Raketenflugplatz. Besonderen Wert erhält dieser Bericht, weil Ley nicht nur Zeuge der Arbeiten in Berlin war, sondern auch etliche Notizen mit in die USA genommen hat. Die Gestapo beschlagnahmte später alle Unterlagen des Raketenflugplatz - sie sind leider verschollen. In seinem Buch wird übrigens der Name Wernher von Braun erstmals öffentlich erwähnt.
So berichtet er von den unterschiedlichen Versionen, die von den einzelnen Raketentypen gebaut wurden. Die Arbeiten verliefen nicht geplant systematisch, aber in Serien, die eine stete Weiterentwicklung beinhalteten. Triebwerke und Raketen wurden in Stückzahlen von teilweise einem Dutzend gebaut. Dies steht im Gegensatz zu den gleichzeitig arbeitenden Forschern Robert H. Goddard in den USA und Johannes Winkler, der in Berlin ebenfalls in einer anderen Ecke des Raketenflugplatzes wirkte.    Für das Jahr zwischen dem ersten Flug des Repulsors im Mai 1931 bis Mai 1932 hat sich Ley 270 Brenntests und 87 Raketenstarts notiert.
Hermann  Oberth: Der Weg zur Kegeldüse Vierstaber Max Valier  Einheitsofen Aggregat A1 und A2 Raketen & Triebwerke vom Rak-Flugplatz Flugbombe  Fieseler Fi 103 (V-1) Henschel   Hs 293 Taifun