Raketenflugplatz-Berlin Museum: Raketen im Museum der Royal Air Force Cosford Wenn es für Freunde historischer Raketen einen strahlenden Punkt auf der Weltkarte gibt, so ist dies wohl der Flugplatz Cosford im Westen Großbritanniens. Etwa in der Mitte zwischen Birmingham und Manchester gelegen, hat der Flugplatz einen eigenen Bahnhof, der Kurzbesuchern das Abenteuer erspart, sich mit einem Mietwagen in den Linksverkehr auf der Insel zu stürzen. Etwa 700 Meter Fußweg sind es bis zum Museums- Eingang, der Eintritt ist übrigens frei, der Parkplatz nicht. Cosford zeigt an deutschen Raketen und Flugkörpern: Ein Aggregat A4 (V-2) auf einem Meillerwagen, Rheintochter und Rheinbote, Kramer X-4, Blohm & Voss Bv 246 Hagelkorn, Fi 103 (V-1), Henschel Hs 117 Schmetterling, Hs 293, Hs 298, Enzian, Feuerlilie, Taifun F, Taifun P, Fritz X und eine Me 163. Einige Triebwerke werden allein ausgestellt: Walter HWK 109- 500, HWK 109-509, HWK 109-739, eine aufgeschnittene A4- Brennkammer und der Triebwerksblock der Rheintochter R3. Dicht gepackt ist die deutsche Raketentechnik im Hangar 1. In einem kleinen Nebenraum stehen die Raketentriebwerke allein. Beginnend mit den deutschen Triebwerks- konstruktionen, werden hier auch die weiterführenden Arbeiten in England gezeigt. Die Absperrschnüre vor den Objekten stören kaum beim Betrachten und Fotografieren. Besucher kommen bis auf Armlänge an die Objekte heran. Das Museumspersonal ist extrem freundlich und aufmerksam. Bleibt ein Besucher länger an einem Objekt stehen, fragen sie oft höflich, ob sie etwas erklären können. Im RAF-Museum haben die Mitarbeiter bestimmte Objekte “adoptiert” und sich genau mit deren Geschichte auseinandergesetzt. Uwe W. Jack Die Starthilfe Walter HWK 109-500 ist noch vollständig. An der hier gelb lackierten gelben Stirnwand war das Fallschirmpaket befestigt. An der einen Hangarwand sind drei größere Raketen senkrecht ausgestellt. Oben links die Rhein- metall-Borsig F55 Feuerlilie. Das Objekt sieht nach einer etwas grob zusammengeschweißten Konstruktion aus. Vielleicht eine Attrappe zur Erprobung der Handhabung. Die kleine Version F25 der senkrecht stehenden Feuerlilie F55 zeigt für einen Entwurf von 1940 eine sehr fortschrittliche Formgebung. Nach ersten Vor- versuchen mit Kleinstmodellen, erfolgten Flüge mit der feststoff- getriebenen F25, die jedoch keine befriedigen Ergebnisse zeigten. Mit etwas mehr als 800 km/h war die F25 auch als Abwehrrakete nicht zu gebrauchen. Die große F55 erreicht Überschall- geschwindigkeit, kam aber über einige Testflüge nicht hinaus. Als aussichtsreichen Kandidaten für eine Luft-Luft-Rakete sah die deutsche Luftwaffe neben der Kramer X-4 die Henschel Hs 298 an. Cosford zeigt die zweite, verbesserte Version Hs 298 V2. Die Hs 298 ist ein typischer Entwurf von Herbert Wagner: Ein kleines Flugzeug mit Kammrudern. Der lange Näherungszünder dominiert den Bug der Hs 298, darüber sitzt die Luftschraube, die über einen Generator den Bordstrom liefert. Am Heck befindet sich unten die Öffnung für das zweistufige Feststofftriebwerk WASAG 109-543. Beide Feststoff-ladungen arbeiten über die selbe Ausströmdüse. Höhen- und Querruder sind als elektrisch betätigte Kämme ausgeführt. Links: Größer, aber ähnlich der Hs 298, wurde die Boden-Luft-Rakete Hs 117 Schmetterling entwickelt. Cosford zeigt eine der vielen Modifikationen der Schmetterling mit langem Annäherungs- zünder und Propeller für einen Strom- generator. Unten: Neben zwei Feststoff-Start- raketen sollte ein Flüssigkeitstriebwerk von BMW oder Walter HWK zum Einsatz kommen. Das Triebwerk sollte regelbar sein, um eine Geschwindigkeit von Mach 0,85 nicht zu überschreiten. Beim Cosford-Exemplar wurde vermutlich das BMW-Triebwerk verwendet. Die Artillerierakete Rheinbote ragt bis unter das Hallendach. Deswegen ist leider die Endstufe mit dem Sprengkopf kaum zu sehen. Die Boosterstufe kann so aber gut mit der nebenstehenden Rheintochter verglichen werden. Die Rheintochter R1 in Cosford trägt noch die beiden Behälter für Leuchtmittel an den Flossenenden (siehe unten). Damit konnte der Flugweg bei Versuchsstarts genau verfolgt werden. Dieses Detail fehlt bei den Exemplaren in Berlin, München und Washington. Wer gute Augen oder ein Teleobjektiv auf seiner Kamera hat, kann die Steckerleiste am Oberteil der Rheintochter sehen. Hier befindet sich die Steuereinheit. Über diesen Stecker war die Flugabwehrrakete mit dem Startgestell verbunden. Der Sprengkopf befindet sich nicht in der Spitze, er ist am unteren Ende der Oberstufe, unterhalb der Ausströmdüsen angebracht. Der Leuchtmittelbehälter der Rheintochter. Die Spitze ist massives Holz, der Körper ein Metallrohr mit etwa 62 mm Außendurch- messer und 3 mm Wandstärke. Die in die Holzflosse unten eingelassene Nut für die Zünddrähte ist mit einem Blechstreifen abgedeckt. Da die Brenndauer des Haupttriebwerkes bei der Feststoffvarinate R1 der Rheintochter nur 2,5 Sekunden betrug, wurde für die Version R3 ein Flüssigtriebwerk mit Salpetersäure und Visol entwickelt. Diese Kombination ist selbst- zündend. Mit 53 Sekunden Brenndauer konnte die Rakete damit Abwehrbewegungen des Ziels folgen. Eine weitere deutsche Flugabwehrrakete war die nach der aerodynamischen Auslegung des Raketenjägers Messerschmitt Me 163 entwickelte Enzian. Aus dem Startgestell wurde die Enzian von vier Schmidding-Feststoffboostern 109-553 befördert. Sie entwickelten je 1,5 Tonnen Schub für sechs Sekunden. Der Triebwerksblock der Enzian (unten links) mit dem Walter HWK 109-739 entwickelte zwei Tonnen Schub beim Start, der im Flug durch Abfall des Förderdrucks auf eine Tonne absank, für insgesamt 70 Sekunden. Ungewöhnlich für ein Walter-Triebwerk, arbeitete es mit Salpetersäure und Benzin. Die mit Peroxid angetriebene Turbopumpe fehlt hier leider. Der Blick in die Brenn- kammer des HWK 109-739 (unten) zeigt seltsamerweise nur eine Einspritzdüse. Die  HWK 109-500 arbeitete nach dem kalten Walter-Verfahren. Das Wasser- stoffperoxid wurde also nur zu heißem Wasserdampf zersetzt und keine Verbrennung durchgeführt. Damit das Peroxid mehr Zeit zum Zersezen hatte, strömte es einen Spiralgang im Triebwerk entlang. An der Luft-Luft-Rakete Kramer X-4 fehlt vorn der akustische Zünder. Der Rumpf ist aufgeschnitten, um die spiralförmig gewundenen Röhrtentanks zu zeigen. Das Triebwerk BMW 109-548 wird als Schnitt präsenrtiert, der die doppelte Wandung zur Brennkammerkühlung erkennen lässt. Verbrannt wurden hier Salpetersäuer und ein Mischstoff namens Tonka. Die Boden-Luft-Rakete Wasserfall wurde zum Hoffnungsträger der deutschen Luftabwehr. In Cosford ist ein verkleinertes Abwurfmodell für aerody- namische Versuche zu sehen. An einen Holzrumpf mit Metallspitze sind die Metallflossen geschraubt. Da die Wasserfall im Unterschallbereich gut im Windkanal untersucht worden war, kann es hierbei eigentlich nur um die Frage der Stabilität im Überschall- bereich gegangen sein. Die Wasserfall erreichte bei Brennschluss 2700 km/h. Links: Klaus Scheufelen entwarf die genial einfach aufgebaute und ungesteuerte Boden-Luft-Rakete Taifun. Sie arbeitete mit Salpetersäure als Oxidator und Optolin (einem Gemisch aus Anilin, Benzin und anderen Substanzen), die mit Druckgas eines Feststoffgenerators gefördert wurden. Als Schnelllösung wurde eine Feststoffvariante mit dem Namen Taifun P gebaut (untere Rakete). Links: Das Triebwerk der Taifun. Die beiden konzentrischen Tanks (Salpetersäure innen in Gelb) sind mit Membranen verschlossen, die durch den Druck des gezündeten Feststoff- generators im Bug der Taifun gesprengt werden. Links unten: bei der Cosforder Taifun gibt es seltsamerweise keinen Weg für die Salpetersäure (gelb) vom Tank zu den Einspritzdüsen. Eine Beschreibung der Taifun und der Funktion des Triebwerks findet sich unter “Raketen”. Das in Cosford ausgestellte Aggregat A4 liegt auf dem Transporter Meillerwagen. Die seltene Kombination ist leider etwas schwer einzusehen. Links: Dafür zeigt das geschnittene Triebwerk davor deutlich sein Innenleben. Die Düsen für die Filmkühlung sind sehr schön zu sehen. Die kleinen, vor der Zündung mit Lötzinn verschlossenen, Rundlöcher sind entlang der Ritzung etwas unregelmäßig gebohrt. Oben: Zwei Bilder der Henschel Hs 293, die interessante Schnitte an der Tragfläche, am Leitwerk und an der Triebwerkseinheit hat, aber etwas versteckt steht. Links. Zwei antriebslose deutsche Flugkörper: Die Fritz X Fallbombe und der Ferngleiter Blohm und Voss Bv 246 Hagelkorn, der 200 km weit fliegen sollte. Unten: An der Flugbombe Fieseler Fi 103 (V-1) fehlen einige Kleinteile, aber durch die Zugangsklappe am Sprengkopf für eine innenliegende Ladung ist dies ein besonderes Stück. Die Sammlung der Raketen- und Flug- körper-Exponate aus Deutschland im RAF-Museum Cosford schließt die Messerschmitt Me 163 ab. Sie wird mit zwei Maschinenkanonen MK 108 gezeigt.